Schwarzenstein

FRIEDRICH SANDER                                                                          Heimatkalender 1970

Haus Schwarzenstein

Ein altes „festes Haus“ im Lippetal

Wer im Ruhrgebiet auf der Autobahn am Oberhausener Kreuz nach Norden abbiegt, gelangt so auf der Hollandlinie — der Europastraße 36 — nach etwa einer Viertelstunde zu der Autobahnraststätte Hünxe. Hier öffnet sich das breite, flache Tal der Lippe. Ein langes Brük-kenbauwerk überspannt den Lippe-Seitenkanal und nördlich davon den sich durch die grünen Wiesen schlängelnden Fluß der Lippe. Zur linken Hand, nördlich der Lippe, am Übergang von der Aue zu den Sanddünen der Mittelterrasse, eingerahmt von hohen Laub- und Nadelbäumen, fällt dem Autowanderer ein zierliches Schlößchen mit einem überragenden Turm ins Auge. Es ist Haus Schwarzenstein, ein uralter Herrensitz klevischer Adelsgeschlechter. Von der ursprünglichen Form einer mittelalterlichen Burganlage ist nicht mehr viel übriggeblieben. In den verschiedenen Jahrhunderten sind bauliche Veränderungen vorgenommen worden, die durch Zerstörungen in Kriegszeiten oder durch die bauliche Unterhaltung notwendig wurden. Nur der alte Turm ist fast unverändert aus dem 16. Jahrhundert erhalten. Haus und Gut Schwarzenstein war ein landtagsfähiger Sitz der Ritterschaft des Herzogstums Kleve, in preußischer Zeit ein Rittergut. Die Geschichte des Hauses Schwarzenstein ist mit dem Lippetal, insbesondere mit Hünxe und Krudenburg, eng verbunden. Sie beginnt mit dem Edelherrengeschlecht von Hünxe (1091 und 1093) und deren Nachfolgern, dem ebenso reich begüterten Rittergeschlecht von dem Berge (auch: de Monte) in Hünxe. Sie führten in ihrem Wappen das fünf-speichige Rad. Von 1339 bis 1341 führte Ritter Dietrich von dem Berge zu Hünxe, der auf der Wallburg, dem sogenannten Ringwall, saß, mit dem Grafen von Kleve eine Fehde. Der Graf als aufstrebender Territorialherr wollte den freien Grund- und Gerichtsherrn als Vasallen mediatisieren, d. h. unterwerfen. Dabei kam es zur Fehde, die mit der Waffe ausgetragen wurde. Nach Lage der Gegebenheiten ist die Annahme berechtigt, daß diese Ritter „Swert-steene“ zunächst als befestigte Hofesanlage (mit Wall und Bergfried) gegen den klevischen Burgstall (die spätere Krudenburg) errichtet und besetzt haben. Die Lage war günstig, weil eine Seite durch die Lippe geschützt war; andererseits konnte der Fluß von diesem Platz aus gut überwacht werden. Aus dieser ersten Befestigung entwickelte sich das „Kasteel“, ein festes Haus. Seinen ursprünglichen Namen „Swertsteen“, welches Schwertstein bedeutet, scheint es aus seinem originären Verteidigungszweck bezogen zu haben. Daraus wurde später „Schwarzenstein“ abgewandelt. Mitte des 14. Jahrhunderts gelangte es in den Besitz der Freiherrn von Gemen, die es von dem nun absteigenden Geschlecht von dem Berge neben anderen Gütern erworben hatten.

Wir haben hier einen der sehr seltenen Fälle, daß ein mittelalterlicher Besitz mit dem zugehörigen Gute, wenn auch im Laufe der Zeit wesentlich verändert, so aber doch als eine Einheit bis in die heutige Zeit erhalten blieb. Daher dürften die Inhaber von Schwarzenstein und die wenigen sonst noch vorhandenen Überlieferungen unser Interesse erwecken. Haus Schwarzenstein, in der heutigen Form ein ansprechendes Schlößchen, dient nun sportlichen Zwecken. Es ist Standquartier der Pferde und Hundemeute des Rheinisch-Westfälischen Schleppjagd Vereins e. V. Düsseldorf. Hier im Lippetal versammeln sich insbesondere zur Herbstzeit, wenn die Natur ihr buntes Kleid angelegt hat, die Reiter zu ihren weithin bekannten Reit- und Schleppjagden. Der rote Rock und das Gekläff der Meute beleben dann die reizvolle Landschaft, bis das Halali erschallt.

A. Die adeligen Herren von Sdiwarzenstein

1. Grano Swertsteen (alias Ritter Philipp von dem Berge) ist bereits vor 1348 mit Schwarzenstein durch Johann Freiherrn von Gemen belehnt.

2. Am  24. Juni 1348  wird der Weseler  Patrizier  und  Schöffe  Rutgerus Kortsac  (oppidano weselensis) von Johann Freiherrn von Gemen mit Zustimmung seiner Frau Beatrix mit Sweitsteen belehnt.

3. Am 1. März 1372 erwirbt es Thomas von dem Berge (alias de Monte) — Sohn des Ritters Philipp von dem Berge, genannt Swertsteene, Richter zu Hünxe — von Rutger Kortsac, erblich als Dominium und Eigentum, so wie Kortsac es früher selbst von Johann von Gemen erworben hatte. Mitbesiegler: Johannes  ter Beke, Richter zu Drevenack;  die Gerichtsleute: Everhardus Roie, Sculte von Drevenack; Borghardus von  den Stalle; Hermanus Bohnkamp; Jehannes uppen Venne; Heynekinus de Bodenrade; Hermanus ton Broke.

4. Stephan van den Ryn und seine Frau Hilleken erwerben Schwarzenstein von Philipp von Swertsteene und seiner Frau Alyd, mit Einverständnis der Mutter Philipps, Hedwig, und deren zweiten Mann, Sweder von Ringenberg. Die Urkunde vom 21. 11. 142g (Pergament, in Händen des jetzigen Besitzers Eichelberg). Richter und Schöffen zu Drevenack besiegeln den Verkauf. Zum Lehen Schwarzenstein gehörten ferner 2 Katstellen bei Drevenack, 2 Landstücke, die jenseits der Lippe im Bucholter Aap  liegen, und die Waldgerechtsame in der Dämmer Waldmark.

4. Sweder von Ringenberg wurde alsbald danach Herr von Schwarzenstein, da Stephan van de Ryn es an diesen wieder verkaufte. Der von Ringenberg hat es dann bis 1454 besessen.

5. 1454  erwarb  Elisabeth  Stecke  geborene  von Bellinghoven,  die Witwe  des  Ritters Goswin III. von Stecke, Erbmarschall des Landes Kleve und Drost zu Dinslaken, Herr zu Krudenburg, Haus Schwarzenstein.

6. Etwa 1460 tritt Goswin (IV.)   von Stecke, verheiratet mit Carda von Gemen, das Lehen Schwarzenstein an. Die Stecke waren mit den von dem Berge verwandt. Nun ist Schwarzenstein zusammen mit Krudenburg ein klevisches Lehen. Der klevische Herzog schuldete damals den Stecken große Summen (ca. 7000 alte Schilde).   Das Wappen der Stecke: Im goldenen Schilde ein Querbalken, der, durch einen Wolkenschnitt geteilt, oben rot, unten silbern war.

7. 1468 erwerben Röttger Amelong und seine Frau Mechelt das Lehen Schwarzenstein durch Kauf von Goswin Stecke und seiner Frau Carda von Gemen mit allen anklebenden Gerechtsamen.  Die  Amelongs  waren  ein mächtiges  Kaufmannsgeschlecht,  das  weite  Verbindungen anbahnte und dafür vom Herzog zu Kleve geadelt wurde. Sie waren eine Weseler Patrizierfamilie, die auch ein Schöffenamt inne hatte. Sie lagen mit der Stadt Wesel wegen des ihnen zustehenden Weinschenkenamtes im Streit. Röttger scheint deswegen die Stadt verlassen und Schwarzenstein erworben zu haben. Röttger verheiratet sich in zweiter Ehe mit Alyt, die nach Röttgers Tode Walter Amelong heiratete. In ihrem Wappen führten sie einen gesenkten Adlerflug. Am 14. Februar 1514 verkauften Alyt und Walter „Onse Hus ind borch gehieten Swartsteyn“ an den Ritter Roloff Mumm.

B. Die Familie Mumm 1544-1713

8. Im Februar 1514 gelangte Haus Schwarzenstein so in die Herrschaft des Geschlechtes von Mumm. Die Mumms, ursprünglich Moms, seit 1177 in den Niederlanden ansässig, waren im klevischen keine Unbekannten. 1419 erhielt der Ratsherr Rudolf Mumm aus Arnheim bei seinem Aufenthalt in Wesel von der Stadt „den Wein geschenkt“. Das Wappen der Mumm: Im roten Schilde ein blauweißer, zu drei Reihen geschachteter Querbalken, auf dem Helm ein Mohrenrumpf mit rotweißer Binde und Eselsohren.

Der erste Besitzer auf Schwarzenstein aus diesem Arnheimer Geschlecht war Roloff Mumm (Sohn von Rudolf M. und Alyt von Baer). Roloff heiratete Maria von Hüchtenbruch zu Gar-trop, die ihm zwei Söhne (Bernd und Arnd) schenkte. Schon 1517 baute er „Schloß und Turm“ neu. Roloff führte mit der Übernahme der Herrschaft eine geordnete, wenn nicht sogar strenge Wirtschaft ein, die man in der Zeit der Amelongs nicht gewohnt war. Von Wesel hatte man einen Weg durch die Gründe Schwarzensteins gelegt, die Zäune beseitigt und die Gräben zugeworfen. Diesen Weg hob Robert kurzerhand auf und ließ Zäune und Gräben wieder herrichten und an dem Wegeübergang Schranken und Sperren errichten. Auch verbot er den Weselern das von diesen geübte unbefugte Torfstechen auf seinen Grundstücken. Wesel faßte das nun als einen Eingriff in die Gewohnheitsrechte der Bürger der Stadt auf, zumal Rutger gegen einige der Weseler Waldfrevler (unbefugtes Torfstechen, Holzentnahme) die Pfändung hatte durchführen lassen. Man forderte Zurücknahme der Pfändung; Mumm dachte nicht daran. Der Magistrat forderte einen Ortstermin, aber man einigte sich nicht. 1520 versuchte ein Bevollmächtigter der klevischen Domänenkammer zwischen den Parteien einen Vergleich zu erreichen, ohne Erfolg. Es bestand zwischen dem Herrn auf Schwarzenstein und der Stadt Wesel ein gespanntes Verhältnis, das insbesondere dadurch Ausdruck erlangte, daß Mumm zu der Huldigung des Herzogs Johann von Kleve am 9. 8. 1522 nicht eingeladen wurde, da er mit der Stadt in Zwist lebe. Roloff starb 1571 im festen Glauben an sein Recht. Er wurde in der Kirche Drevenack beigesetzt; daselbst befand sich auch das für ihn errichtete Grabmal.

9. Im Jahre 1536 tritt Bernd von Mumm (Rudolfs Sohn und Erbe) die Herrschaft auf Schwarzenstein an. Aus seiner Ehe mit N. N. geht der Sohn Bernd hervor. Er läßt von Arnold Merkator eine Karte vom Kastell und den Gütern Schwarzensteins anfertigen, die sich im Besitze des jetzigen Eigentümers des Hauses befindet. Neben dem Turme sind zwei aneinanderstoßende Tracks sichtbar. Bernd wurde sofort bei der Übernahme der Herrschaft in den Streit mit der Stadt Wesel verwickelt. Wesel blieb 1536 bei der Abführung der Steuern einen Teil schuldig und ist so gezwungen, eine Anleihe aufzunehmen oder die Bürger pfänden zu lassen. Der Magistrat und die erregte Bürgerschaft sagten die Ratifikation der Schuldverschreibung unter der Bedingung zu, daß die angeblichen Rechte der Stadt auf den Gründen Schwarzensteins wieder eingeräumt werden. Mumm diente dem Bürgermeister Wesels so in schwieriger Situation offensichtlich für die aufgebrachte Bürgerschaft als Prellbock. Ein Bote der Stadt ritt nach Schwarzenstein; Bernd weilte in Arnheim, und seine Frau lehnte eine Verhandlung ab. Nun nahm die Stadt das Darlehen in Höhe von 200 Goldgulden auf und stellte den Schuldschein auf den Namen Mumms aus. Bernd Mumm dachte nicht daran, diesen Schuldschein einzulösen. Als nun der Fälligkeitstermin verstrichen war, rotteten sich Weseler Bürger im Juni 1576 zusammen, zogen auf die Grundstücke von Schwarzenstein. Mumm beschwerte sich bei der Domänenkammer in Kleve. In einem anberaumten Lokaltermin wurde die Stadt Wesel zu einem Schadensersatz von 200 Goldgulden verurteilt (von denen 100 dem Landesherrn, dem Herzog zu Kleve, und 100 dem Geschädigten Mumm zu zahlen waren).

Dieses Urteil wurde der Stadt am 20. 7. 1676 zugestellt. Am 24. Juli in der Frühe aber zogen erneut Weseler Bürger, nun unter der Anführung des Bürgermeisters Bellinghoven, auf Schwarzenstein hinaus, stachen Torf und führten 73 Fuder davon nach Wesel. Was man nicht wegschaffen konnte, ließ man durch Schützen bewachen. Man zerstörte den angeblich außerhalb seiner Besitzung stehenden Schafstall, weil Schwarzenstein die Schafstrift nicht zustehe, plünderte den Obstgarten und schlug eine Reihe von Bäumen um. Man tobte und machte seinem aufgespeicherten Zorn Luft. Dieser fortschwelende Zwist sollte auch noch den nächsten Herrn von Schwarzenstein behelligen.

1o. 1581 ist Bernd von Mumm (Sohn und Erbe von Bernd, siehe 9.), Drost zu Orsoy, Herr auf Schwarzenstein. Er war verheiratet mit Judith Baars, genannt Olysläger, die ihm fünf Kinder (Rudolf, Franz, Christoph, Bernd und Janne) schenkte. Judith starb 1584. In seiner Zeit wurde der Rechtsstreit zwischen der Stadt Wesel und Schwarzenstein entschieden. Wesel mußte Mumm den entstandenen Schaden ersetzen und die Gerichtskosten zahlen. Als das Urteil im Jahre 1584 erging, war schon eine sehr kriegsbewegte Zeit; die Religionskriege hatten auch im Klever Land und im Lippetal ihren Anfang genommen. Darüber lesen wir eine lakonische Nachricht: „Schwarzenstein, dem von Falkenberg genand Mumm, Drosten zu Orpy gehörig, geplündert im Jahre 1598.“

11. Im Jahre 1623 wird Rudolf von Mumm (Sohn von Bernd, siehe 10.) Herr auf Schwarzenstein. Verheiratet war er in erster Ehe mit Elisabeth von Uhlenbruck (aus dieser Ehe zwei Kinder: Johann Wilhelm und Johanne), in zweiter Ehe mit einer Bürgerlichen — seiner Magd — (aus dieser Ehe ein Sohn: Franz). Auch Rudolf bekleidet das Orsoyer Drostenamt.

In dieser Zeit ist das Lippetal erfüllt von Durchzügen, Einquartierungen, Diebstahl, Raub und Totschlag der Kriegsvölker des Religionskrieges. Spanier, Hessen, Bayern, niederländische Geusen und andere Landsknechte leben aus dem Lande. Nachricht vom 7. n. 1623: „Die königlich hispanische Armada unter Don Kordua hat sich in und um Schwarzenstein gelagert und hier bis in den Herbst dieses Jahres verschanzt. Von dieser Einquartierung wurden die Bauern und Hausleute sehr hart belästigt. Darunter sind Leute gewesen, die gar kein Roggenbrot mehr gehabt, sondern Wickenbrot haben essen müssen. Diese bedrängten Leute sind durch die bei Schwarzenstein gelagerte Armee der Spanier ihrer gesamten Habe jämmerlich beraubt. Bei diesem hochbetrübten, schrecklichen und anhaltenden Kriegsverderben wurde durch die Einquartierung und ständigen Durchmärsche sehr großer Schaden verursacht. Die Bauersleute wurden nicht nur alleine allen Vorrats, der Haustiere und des Getreides beraubt und an den Bettelstab gebracht; dadurch sind sehr viele Bewohner an unerträglichem und erbärmlichem Hunger und Kummer verstorben.“

12. 1649 ist Johann Wilhelm von Mumm (Sohn von Rudolf, siehe 11.) Herr und Erbe von Schwarzenstein. Er ist ebenso Drost von Orsoy. Auch er war zweimal verheiratet, und zwar in erster Ehe mit Christine Sybille von Merten (die ihm die Tochter Judith gebar, die N. von Retrath heiratete), in zweiter Ehe mit seiner Magd Helene Hillebrand aus Dinslaken (die ihm zwei Söhne, Johann und Rudolf, schenkte). Ihm gehörte auch das Haus Löhnen bei Voerde. Nähere Nachrichten fehlen.

13. Johann von Mumm (Sohn aus zweiter Ehe zu 12.) wird Herr und Erbe zu Schwarzenstein im Jahre 1670. Er heiratet Anna Catharina Wilhelmine von Mevert. Nach dem Tode seines Vaters war das Vermögen der Schwarzenstein durch Plünderungen und Verwüstungen infolge des Krieges soweit zusammengeschmolzen, daß die Besitzungen unter den Kindern des verstor benen Johann Wilhelm geteilt wurden. Schwarzenstein erhielten die beiden Kinder aus zweiter Ehe. Johann v. Mumm starb X681 kinderlos. Er wurde im Chor der Kirche Drevenack beigesetzt. Seine Witwe vermählte sich zum zweiten Male 1702 mit ihrem Halbneffen Johann Bernhard von Retrath (Sohn von N. v. Retrath und Judith v. Mumm), der so in den Besitz von Schwarzenstein gelangte.

14. Johann Bernhard von Retrath wird durch Heirat seiner verwitweten Tante (Anna Catharina Mumm geb. von Mevert) im Jahre 1702 Inhaber von Schwarzenstein. Anna Catharina starb bereits am 18. 7. 1705. Sie ist in der Kirche Drevenack begraben. (Die hölzerne Totentafel stand früher in der Kirche, ist aber seit der Kirchenrenovierung auf Schwarzenstein).

Diese Ehe blieb kinderlos, und dieser Zweig der verbreiteten Adelsfamilie Mumm starb aus. Schwarzenstein wurde veräußert.

15. Im Jahre 1713 erwarb der Generalmajor Johann Franz von Crone zu Wesel Schwarzenstein von den Erben des Johann Bernhard von Retrath (Nr. 14). Nun kommt es zu einem Streit  vor  dem Lehensgericht zwischen  dem Grafen von Velen und  der Krudenburg. Der Velener erklärte Schwarzenstein zur Lehenspertinenz  (Lehenszubehör)  der Krudenburg. Im Jahre 1716 werden Schwarzenstein und Krudenburg durch einen Kerzenverkauf veräußert.

16. Im Jahre 1716 erwirbt so Johann Sigismund Freiherr von Heiden für 11 000 Taler Schwarzenstein, ferner die Krudenburg. Johann Sigismund war 1688 Hofmeister bei Prinz Albrecht von Brandenburg, General der Kavallerie, Gouverneur zu Lippstadt und Drost zu Wetter, von 1713 bis 1730 Kommandant der Festung Wesel.

Er war verheiratet in erster Ehe mit Anna Luwise von Quad Landscron (die ihm vier Kinder schenkte und im Jahre 1687 starb), in zweiter Ehe mit Luise Charlotte Gräfin von Schwerin-Altenlandsberg. Dieser erste von Heiden tat sehr viel für die Wiederherstellung des Schlosses und der Güter. Er baute auch eine große Freitreppe, eine steinerne Brücke vor dem Kastell, die Orangerie und vieles mehr. Er scheint sich oft in Schwarzenstein aufgehalten zu haben. Nach seinem Tode heiratete seine zweite Frau den Major von Blankenburg in Wesel.

Das Wappen des Geschlechtes von Heiden:


17. Im Jahre 1714 wird der königlich preußische Major Dionysius Georg Joachim von Blankenburg zu Wesel durch die Heirat der Witwe Luise Charlotte Freifrau von Heiden geborene Gräfin von Schwerin Herr zu Schwarzenstein. Nach dem Tode der Frau fiel Schwarzenstein an den Erbnachfolger der Krudenburg zurück.

18. Der nächste Herr auf Schwarzenstein ist Friedrich Adolf Freiherr von Heiden (Sohn von 16). Er war schwachsinnig. Friedrich Adolf vermählte sich mit Charlotte Sophie von Eller zu Bustede, die ihm eine Tochter (Charlotte Wilhelmine) schenkte. Nun bildeten Krudenburg und Schwarzenstein wieder eine Einheit. 1728 starb er und wurde in Hünxe begraben.

Seine Tochter wurde Herrin zu Schwarzenstein und Krudenburg. Nun sind die drei Ehegatten der Charlotte Wilhelmine vorübergehend Herr auf Schwarzenstein wie auch der Krudenburg, und zwar:

19. Ab 22. 1. 1735 der königlich preußische Oberstleutnant Freiherr von Graevenitz, Herr zu Mörmter und Hönnepel, der erste Ehemann der Charlotte Wilhelmine von Heiden. Er starb am 31. 12. 1737 kinderlos.

20. Am 15. 1. 1729 der klevische Geheime Rat und Johanniterritter Johann Sigismund Freiherr von Strünckede zu Dornburg, der zweite Ehemann der Charlotte Wilhelmine. Aus dieser Ehe gehen sieben Kinder hervor. Er starb am 20. 9. 1749, 45 Jahre alt.

21. Ab 1754 der Titular Kriegsrat (früher reformierter Prediger auf Krudenburg und Gartrop) Johann Vitor, der dritte Ehemann der Charlotte Wilhelmine. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor. Schwarzenstein und Krudenburg sind verschuldet.

Für die nun ebenfalls geistesschwache Kriegsrätin Vietor (geb. von Heiden, verw. Graevenitz und Strünckede) wird der Erbmarschall Graf Quad-Hüchtenbruch zu Gartrop als Kurator eingesetzt. Er will zur Sanierung der Krudenburg Haus und Gut Schwarzenstein veräußern. Der Kauf durch die bürgerliche Witwe Loehr zu Wesel bedarf königlicher Permission, die Friedrich II. versagt. Auf ein Immediatgesuch vom 5. 4. 1776 wurde die Verkaufsgenehmigung schließlich erteilt.

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Ein Nebengebäude des Haus Schwarzenstein vor der Renovierung

 

C) Haus und Rittergut Schwarzenstein im Besitze bürgerlicher Familien (Löhr, Schneider, Eichelberg)

22. Die Witwe Johanna Margarethe Löhr geb. Niewart, Ehefrau des  verstorbenen Arnold Löhr zu Wesel, erwirbt durch den unter Nr. 20 beschriebenen (vom Alten Fritz verstatteten) Verkauf eines adeligen Gutes an einen qualifizierten bürgerlichen Käufer Haus Schwarzenstein und das dazu gehörige Rittergut. Der Kaufpreis betrug 25 000 holländische Gulden. Am 18. Juni 1776 trat sie Schwarzenstein an. Über die Gebäude und die Güter Schwarzenstein gibt uns eine Taxation aus dem Jahre 1774 nähere Nachrichten.

Die Gebäude: das feste Haus innerhalb des Schloßgrabens, die Stallgebäude, der Pferdestall, das Bauhaus, der Schafstall, das Schäferhäuschen, der Backofen und der Brunnen. Die Grundstücke:  Die Liegenschaften umfassen 158 Morgen 587 Ruten, der Verkehrswert beträgt 17 708 Reichstaler. Dazu gehören die Gerechtsame in der Hofesaat, die Markengerechtigkeit zur Viehhude, die Schweinemast im Dämmerwalde (Waldmark). Sie starb 1808; ihre Tochter Christine Margarethe erbte das Rittergut Schwarzenstein.

23. Der reformierte Prediger Johann Philipp Schneider, Ehemann der Christine Margarethe (Tochter von Nr. 22) gelangte so 1785 in den Besitz von Schwarzenstein. Dieser vermachte beiden unverheirateten Kindern Johann Arnold und Helene Schwarzenstein.

24. Der ev. Prediger Johann Arnold Schneider zu Wesel und seine Schwester Helene werden durch Erbschaft von Nr. 23 Besitzer von Schwarzenstein. Sie forsten die Heide auf und legen die Baumallee an. Beide sind 1849 unverheiratet und kinderlos gestorben, nachdem sie als Erben ihre Schwester Catharina bestimmt hatten. Diese restaurierte das Haus für 2000 Taler nach den Plänen des befreundeten General Schoeler zu Wesel.

25. So wird im Jahre 1849 die älteste Schwester: Catharina von Eichelberg geb. Schneider, Witwe, verheiratet gewesen mit dem Gymnasial-Direktor und Dr. med. Jodocus Albertus Casparus Eichelberg zu Wesel (letzterer ist geboren am 15. 10. 1749, gest. 12. 8. 1819, beerdigt auf Schwarzenstein), Besitzerin von Haus und Rittergut Schwarzenstein.

Über Jodokus Caspar Albert Eichelberg, ein geborener Weseler und einziger Sohn des verstorbenen gelehrten Direktors des Weseler Gymnasiums Christof Albert Eichelberg, dessen Nachfolger im Amte er auch geworden, hat Gantesweiler in seiner Chronik der Stadt Wesel unter Schwarzenstein), Besitzerin von Haus und Rittergut Schwarzenstein.

26. 1849 erbten Dr. med. Philipp Albert Eichelberg zu Wesel, verwitwet (war verheiratet mit Sophie Marianne Antoinette Westermann aus Wesel), und dessen Bruder Arnold Hermann Eichelberg, Prediger zu Kleve (Söhne von Nr. 25). Sie kauften noch im gleichen Jahre die restlichen Anteile von  Schwarzenstein, welche  im Besitze  der  Erben  der verstorbenen Helene Schneider (siehe Nr. 25) waren, für 8000 Taler hinzu, so daß sie je zur Hälfte Besitzer von Schwarzenstein waren.

27. Am 21. 8. 1851 wird Edmund Heinrich Arnold Eichelberg, zweiter Sohn von Albert (siehe Nr. 26), Oberleutnant a.D. im 7. preußischen Kürassier-Regiment, nachdem er  seine Geschwister abgefunden hatte, Eigentümer von Schwarzenstein. Er hat die Gebäude und die Liegenschaften des Rittergutes sehr verbessert. Er starb im Alter von 70 Jahren und wurde im Grabgewölbekeller zu Schwarzenstein beigesetzt.

28. Nach dem Tode von 27 geht Schwarzenstein testamentarisch an den Dr. med. Edmund Julius Hermann Eichelberg, Sanitätsrat und prakt. Arzt in Wesel. (Er war der älteste Sohn des Bruders Alfred von Nr. 27). Er verheiratete sich mit Jakobine Kalle.

Dieser starb am 5. 1o. 1902. Seine Witwe führt die Verwaltung von Schwarzenstein mit dem ältesten Sohn Alfred weiter.

In den Jahren 1889/90 ließ Dr. Eichelberg das baufällige Kastell abreißen; nur der Turm blieb stehen. Nach den Plänen seines Bruders, des Regierungsbaumeisters Leopold Eichelberg, wurde das Haus unter Benutzung der alten Fundamente und der alten Gewölbe neu erstellt. Auch die Ökonomiegebäude werden renoviert oder erneuert.

29. Im Jahre 1907 wird Alfred Alexander Eduard Fritz Eichelberg, geboren 1875, Sohn von Nr. 25, Landwirt, Besitzer von Schwarzenstein, der es voll als landwirtschaftliches Gut bewirtschaftet. Er heiratet Erika Hafmeister aus Mecklenburg. Sie schenkte ihm einen Sohn und vier Töchter.

Wieder wütet die Kriegsfurie im Lippetal. Die alliierten Engländer und Amerikaner überrollen den Niederrhein im März 1945. Sofort danach marodieren russische und polnische Fremdarbeiter in der Gegend. Sie überfallen nächtlich Haus Schwarzenstein. Dabei wird Alfred Eichelberg in seinem Hause ermordet.

30. Danach übernahm der älteste Sohn Friedrich Eichelberg (geboren 1919) Haus und Hof Schwarzenstein. Er bewirtschaftete es als landwirtschaftlichen Vollbetrieb.

Friedrich ist verheiratet mit Margarete Baer, die ihm zwei Söhne und eine Tochter schenkte. Friedrich Eichelberg baute für seine Familie ein neues Wohnhaus und stellte das „alte feste Haus, Kastell oder Schloß Schwarzenstein“ für sportliche Zwecke jungen und alten Reitern zur Verfügung.

Ein altes Haus von über 500 Jahren erfüllt auch heute in der modernen Zeit einen bedeutungsvollen Zweck im Naturpark „Hohe Mark“, dem Naherholungsgebiet des Ruhrgebietes.

 

 

 

 

 

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